Allgemeine Reifendiskussion

  • Ich möchte hier nochmal einsteigen und noch einmal die Diskussion UHP vs. Sportreifen vs. "normaler" Sommerreifen ansprechen.


    Vielleicht als Einstieg ein kleines Video. Es geht zwar um den NC, aber ich halte das Gesagte durchaus für übertragbar:
    http://www.mx-5.mx/thread/2108…-auf-euren-mx-5-benutzen/


    Nach meinen letzten Erfahrungen mit dem KW V3 ist mir noch einmal so richtig bewusst geworden, dass man die Reifenfrage nur in sehr enger Abhängigkeit vom Fahrwerk beantworten kann, insbesondere bei unserem MX-5 ND (andere Autos sind da robuster, was die Reifenwahl angeht).


    Das erste was mir letztes Jahr beim Wechsel von Sommer- auf Winterreifen auffiel war, dass der, aus meiner Sicht sehr gute, Pirelli Sottozero 3 in Verbindung mit dem KW V3 gar nicht mehr so gut funktioniert hat. Mit den damaligen Einstellungen war der Reifen zu querweich und man hatte ein sehr unharmonisches Fahrverhalten aus weichem Reifen und steifen Fahrwerk.
    Der erste Lösungsschritt war, das Fahrwerk etwas weicher zu stellen und das hat auch gut funktioniert.
    Im zweiten Schritt habe ich ja dann die Achseinstellung verändert, was dem Reifen mehr Quersteifigkeit beschert hat und danach hat der Pirelli auch mit der KW Grundeinstellung gut funktioniert.


    Beim Serienfahrwerk (Bilstein) habe ich es eher umgekehrt empfunden. Mit dem Winterreifen hat das hervorragend funktioniert, aber selbst mit dem Bridgestone S001, der ja kein Performance-Monster ist, hatte man z.T. das Gefühl, dass der Reifen steifer ist und mehr kann als das Fahrwerk und dass das nicht so harmonisch war.


    Für mich hat das noch einmal deutlich aufgezeigt, dass man gerade beim MX-5 ND Fahrwerk und Reifen gut aufeinander abstimmen muss. D.h. also zum Serienfahrwerk empfehlen sich eher weniger performante, weichere Reifen und erst wenn man ein entsprechendes Fahrwerk verbaut hat, macht es auch Sinn über steifere Reifen nachzudenken.


    Dem folgend, sollte man nicht unbedingt einen UHP auf dem Serienfahrwerk fahren, während man z.B. mit Winterreifen beim besseren, steiferen Fahrwerk schon Kompromisse eingeht.
    Das Problem sehe ich dabei eher beim Serienfahrwerk in Verbindung mit sehr performanten Reifen. Z.B. funktionieren die Winterreifen in Verbindung mit dem KW V3 recht gut, wenn die Einstellung (Geometrie und ggf. Dämpfer) dazu passend gewählt wird. Umgekehrt werde ich aber nie genug Steifigkeit in das Serienfahrwerk bekommen, damit es mit einem UHP richtig gut funktioniert.


    Wo sehe ich das Problem? Hoch performante Reifen wie UHPs erreichen entsprechend höhere Querkräfte und damit das Auto auch höhere Querbeschleunigungen. Die Reaktionen beim Anlenken sind schneller, die Gierraten, die erreicht werden, sind höher. Das resultiert in entsprechend höheren Wankwinkeln, wobei das Auto ja vom Anlenken bis zum statischen Zustand auch erst einmal in die Federn "hinein" wankt und dabei entsprechende Zeiten vergehen. Durch die höheren Wankwinkel ergibt sich kurvenaußen auch mehr Einfederweg und entsprechend komme ich dichter an die Endanschläge, oder erreiche diese sogar.


    Ein für mich elementarer zusätzlicher Aspekt ist die Frage, wie performant möchte ich mein Auto überhaupt haben? Ein UHP schiebt alles nach oben, höhere Querbeschleunigung, höherer aber auch schmalerer Grenzbereich usw. Irgendwann komme ich an den Punkt, bei dem das Auto eine hervorragende Performance bietet, ich es aber definitiv im normalen Straßenverkehr nicht mehr ausfahren kann, weil die Grenzen zu hoch und zu schmal werden. Gleichzeitig mache ich das Auto auch sehr steif. D.h. alles was ich an Lenkwinkel etc. in das Auto stecke wird 1:1 umgesetzt, aber ich komme überhaupt nicht mehr in die Nähe des Grenzbereichs. Das Auto steht wie eine eins und macht alles was ich ihm sage - sicher nett wenn es um gute Rundenzeiten geht, aber fahrerisch vielleicht (und definitiv für mich) auch langweilig.
    Alternativ dazu wähle ich einen guten Sommer- oder Sportreifen mit sehr guter Performance, aber einem erreichbaren und gutmütigen Grenzbereich und kann diesen dann auch erleben und ausfahren. Aus meiner Sicht kann man eigentlich nur damit sein fahrerisches Talent wirklich ausbauen und trainieren, weil man sich vorsichtig an Grenzen heran tasten kann und Fehler noch ausgebügelt werden können (selber, oder durch das ESC). Für mich ist gerade der leicht MX ein Auto, dass ich auch selber noch beherrschen möchte und dass auch hier oder da einmal leicht rutschen darf, wenn ich nicht ganz sauber fahre. Nur durch dieses Feedback kann ich besser werden. Voraussetzung dafür ist natürlich ein gutmütiges Auto (inkl. Fahrwerk und Einstellung) und ein gutmütiger Reifen, sowie ideale Bedingungen unter denen man die Situation einschätzen und beherrschen kann.
    Erst auf der Rennstrecke mit den entsprechenden Auslaufzonen und höheren möglichen Geschwindigkeiten sehe ich dann für mich einen sinnvollen Einsatzzweck für UHPs o.ä.


    Was meint Ihr? Wie sind Eure Erfahrungen, was sind Eure Vorlieben?

  • Hi Sven,


    was den ersten Teil deiner Ausführung angeht, habe ich zwar keine praktische Erfahrung, ich habe also kein Auto mit unterschiedlichen Fahrwerks- und Reifenkombinationen testen können. Jedoch sagt mir mein (geschultes) technisches Verständnis, dass das alles sehr plausibel ist. Du hast es ja auch gut erläutert, wie ich finde.


    Bei der elementaren Frage nach der Performance, die das Auto haben soll, bin ich auch bei dir. Hier jedoch aus eigener Erfahrung. Und aus dieser heraus würde ich sogar behaupten, dass unter Umständen das sportlicher abgestimmte Auto das langsamere sein wird.
    Nämlich dann, wenn man auf unbekannten, anspruchsvollen Straßen unterwegs ist, und nicht zu 100% über die Beschaffenheit der Fahrbahn im klaren ist.
    Begründung: In einem Wagen, der erst sehr spät einen sehr schmalen Grenzbereich hat, kann ich bei solchen Bedingungen nie wirklich wissen, ob ich noch 20% Reserven habe, oder womöglich nur mehr 1%. Und wie wird es sich auf diesem Belag im Grenzbereich verhalten? Diese Unsicherheit bremst mich ein.
    Fahre ich hingegen ein Auto, dass ich durch seine Mitteilsamkeit (Feedback) in verschiedensten Situationen verstehen und fahren gelernt habe, kann ich viel verlässlicher seine Grenzen einschätzen. Deshalb kann ich diese besser ausreizen und bin unterm Strich wahrscheinlich schneller. Noch viel wichtiger aber: Ich habe mehr Spaß dabei!


    Wer von euch gerne sportlich mit dem Motorrad kurvige Sträßlein zweiter und dritter Ordnung fährt, wird es kennen: Der Typ mit der 180PS Rennmaschine hat gegen den driftenden Könner auf der Enduro mit einem Drittel der Motorleistung keine Chance.


    Ich muss gerade an dieses Video denken, dass das Thema sehr anschaulich behandelt. Die Meisten kennen es wohl eh schon.

    LG
    Nelle


    G160 Roadster 2018 SL + SP, rot.
    KW V3 optimiert, Dunlop Sport Maxx RT 205/50R16 + OZ Alleggerita ET37, I.L. Motorsport Dom- und Unterbodenstreben V+H, Fox ESD
    Fahrwerkseinstellung (ständig aktualisiert): *klick* (Post #85) - Und so schaut er aus: *klick*

    Einmal editiert, zuletzt von Nelle ()

  • Ich sehe es prinzipiell sehr ähnlich wie Sven.
    Als ich vom Serien-Bridgestone auf den Toyo R1R mit KW-V3 umgestiegen bin, hatte ich ein wenig die Befürchtung, dass das Gripniveau für die Landstraße damit schon zu hoch liegen könnte und ein Teil des Spaßes damit auf der Strecke bleibt.
    Im Nachhinein hat sich diese Befürchtung aber als unnötig heraus gestellt. Die Performance ist mit der neuen Kombi zwar gestiegen, aber auf einem Niveau, bei dem ich mit dem Auto auch auf der Landstraße noch spielen kann. Wenn sich z.B. unter Last in engeren Kurven Übersteuern einstellt, passiert das für mein Empfinden vergleichsweise langsam und intuitiv beherrschbar.
    Am meisten bin ich allerdings beim R1R von den Nässeeigenschaften angetan. Auch auf verregneten Alpenpässen bei ca. 5 Grad hat er ausgezeichnet funktioniert und mir ein sehr sicheres Gefühl gegeben. Das sind ja nun Dinge, die man im Allgemeinen nicht so unbedingt von einem UHP erwartet. Nachteile wie relativ hoher Verschleiß, etwas höheres Gewicht und Vertikalsteifigkeit als bei normalen Reifen in dieser Dimension nehme ich dafür in Kauf.
    Was ich damit eigentlich sagen möchte ist, dass man die von Sven aufgeworfene Frage vermutlich nicht pauschal beantworten kann im Sinne von „UHPs sind gut oder schlecht“. Das wird immer davon abhängen, wie die anderen Randbedingungen (Fahrwerk, Fahrwerkseinstellung, Fahrertyp, Typ und Dimension des UHPs) ausschauen und zu guter Letzt vor allem auch davon, was der Fahrer eigentlich will. Für mich kann ich nur sagen, dass ich kein Fahrverhalten haben wollte, bei dem ich bei noch verantwortungsvoller Fahrweise auf der Landstraße immer nur wie auf Schienen führe und kein Gespür mehr für den Grenzbereich hätte.
    Gruß,
    Olli

    - G 160 Exclusive-Line, purweiss, Fox-ESD, KW V3, OZ Ultraleggera 16x7, Dunlop SP Sport Maxx RT -

  • Wenn sich z.B. unter Last in engeren Kurven Übersteuern einstellt, [...] Auch auf verregneten Alpenpässen

    Hi Olli,


    interessanter Beitrag. Das ist vielleicht auch noch ein ganz interessanter Aspekt. Die gefahrenen Strecken, bzw. das Anforderungsprofil ist auch relativ wichtig. Bei dem was Du beschreibst, insbesondere auch beim Passfahren, könnte ich mir auch einen UHP vorstellen.
    Hier bei mir ist es eher die normale Landstraße, oder der Harz, also eher weitere Kurven und schnellere Landstraßen. Da fahre ich z.T. sogar mit dem Winterreifen wie auf Schienen durch, weil die Kurven gar nicht eng genug sind, um mit dem Auto was anderes zu machen. Wenn ich da UHP fahre, dann wird es echt langweilig ;-).
    Man sollte also auch auf jeden Fall darüber nachdenken, wo und in welchem Geschwindigkeitsbereich man üblicherweise unterwegs ist.


    Ein "Nachteil" der besseren Reifen ist für mich auf jeden Fall, dass sich alles auf z.T. deutlich höherem Niveau abspielt. Sprich wo ich vorher z.B. mit 70 km/h im Grenzbereich unterwegs bin, sind es dann eventuell über 100 km/h, mit allem was das hinsichtlich kinetischer Energie und Fahrzeugreaktion bedeutet.


    Als ich noch professionell Reifen getestet habe, mochte ich die Nässetests immer am liebsten. Man hat Grip, aber nicht zu viel und alles spielt sich bei Geschwindigkeiten ab, bei denen ein Fehler nicht so schlimm ist. Trocken laufen dann viele Tests, z.B. auf der NOS dicht an den Bereich um 200 km/h und darüber. Da darf man dann gar nicht mehr darüber nachdenken, was passiert, wenn Fehler bei Mensch oder Material auftreten.
    Da kann ich dann auch definitiv keinen Reifen mit Mördergrip und superschmalem Grenzbereich brauchen, sondern schon einen, der auch mal leichte Fehler in der Fahrtechnik verzeiht. Am Ende geht es ja bei uns auch "nur" um den Fahrspass und nicht um die beste Rundenzeit, denn die wenigsten MX-5 Fahrer, oder auch Fahrzeug-Tester sind Rennfahrer.

  • Vielleicht etwas "off-Topic". Ich verfolge einige Threads zum Thema Reifen. Manche bestellen wohl die Reifen im Internet, weil deutlich günstiger.


    Wie sieht es nun mit Montage aus? Das muss man ja wohl bei nem Händler machen lassen. Funktioniert denn das problemlos; spielen die da mit? Ich habe bisher immer die Reifen beim Händler gekauft, der die dann auch gleich aufgezogen hat. Wie macht ihr denn das?

  • Es gibt bestimmte Internetanbieter, die mit Händlern kooperieren.
    Man kauft im Netz und sucht einen Händler aus, an den die Reifen gesendet werden.


    Ansonsten nach Hause senden lassen und zu einem beliebigen Monteur fahren. Ggf. nehmen die dann aber etwas mehr, als wenn man die Reifen bei ihnen kauft.


    Ein mitunter grosser Nachteil kann sein, dass sich die Monteure nicht verantwortlich fühlen, wenn die Reifenqualität nicht passt, z.B. durch Unwucht. Dann hat man selber die Rennerei.

  • eine eventuell günstige Alternative zu Internet Reifenangeboten wäre eventuell auf Nachfrage beim Händler, ob dieser "Vorführreifen" z.B.aus seinem Showraum hat. Diese sind i.d.R. auch noch nicht gelaufen und waren eben schon mal auf den ausgestellten Rädern/Felgen aufgezogen. Dann behält man die "gute" beim "Händler gekauften" Montage/Entsorgungskosten inkl. Preisnachlass auf den Reifen selbst.

  • eine eventuell günstige Alternative zu Internet Reifenangeboten wäre eventuell auf Nachfrage beim Händler, ob dieser "Vorführreifen" z.B.aus seinem Showraum hat. Diese sind i.d.R. auch noch nicht gelaufen und waren eben schon mal auf den ausgestellten Rädern/Felgen aufgezogen. Dann behält man die "gute" beim "Händler gekauften" Montage/Entsorgungskosten inkl. Preisnachlass auf den Reifen selbst.

    Dann aber immer DOT Datum kontrollieren. Ich würde in der Regel nur Reifen mit identischer DOT akzeptieren.

  • Vielleicht etwas "off-Topic". Ich verfolge einige Threads zum Thema Reifen. Manche bestellen wohl die Reifen im Internet, weil deutlich günstiger.


    Wie sieht es nun mit Montage aus? Das muss man ja wohl bei nem Händler machen lassen. Funktioniert denn das problemlos; spielen die da mit? Ich habe bisher immer die Reifen beim Händler gekauft, der die dann auch gleich aufgezogen hat. Wie macht ihr denn das?

    Ich habe hier vor Ort ein Autohaus (früher Skoda Händler - jetzt freie Werkstatt und Skoda-Servicepartner), bei dem ich schon seit zwanzig Jahren Kunde bin und mit Chef und Serviceleiter per Du bin. Die montieren mir völlig problemlos meine im Netz georderten Reifen. Kaufe in der Regel eh Reifen antizyklisch wenn gerade irgendwelche Aktionen bei Rakuten o.ä. sind lasse mir die Reifen auf die Felgen ziehen wenn sie eh wenig Auslastung im Reifenservice haben. Auf den Wagen schraube ich die Räder dann aber auch selber.

    BMW Z4 M40i + Mazda MX-5 NA 1.6 03/91 Mariner Blue - Ich fahre einen MX-5 ... mein Mixer steht in der Küche! -

  • Wie sieht es nun mit Montage aus?

    Meine Eltern haben letztes Jahr Reifen bei reifendirekt.de gekauft, da gibts nen "mobilen Reifenservice". Der kostet 11€/Reifen und 4,90€ Anfahrt. Beim Wechsel von vier Reifen bist also bei 48,90€.
    Keine Ahnung wie das so im Vergleich zur lokalen Werkstatt ist, aber die machens halt direkt bei dir zuhause aufm Hof. Fand ich schon nicht schlecht.
    Obs das überall gibt weiß ich allerdings nicht. Auf dem Bus stand jedenfalls direkt reifendirekt.de drauf. Wäre also evtl auch eine Alternative :)

    2018 G160 SL + SP in Mondsteinweiß | Bilstein B14 | Federal 595RS-R 205/50R16 auf original Mazda 16" | CAE UltraShifter | Mishimoto Oil Catch Can | DIY Öltemperaturanzeige
    Fahrzeugthread: Joshudes Mondgestein


    2005 Volvo V50 T5 AWD M66 in Passion Red

    Fahrzeugthread: Joshudes Kümmerling Bill