Ein paar gedankliche Ergänzungen möchte ich hier noch hinzufügen.
Was hier so als gut und schlecht diskutiert wird, Linearität, Lastwechselempfindlichkeit, Last- und Schubreaktion, sind im Grund nur gleichberechtigte Auslegungsparameter.
Erst einmal sollte es, nach allgemeiner Lesart, das Ziel sein ein Auto mit einem Neutral/leicht untersteuerndem Setup und hoher Linearität hinzustellen. Das sorgt erst einmal dafür, dass das Auto dort hinfährt, wo der Fahrer hinlenkt und das die Reaktionen im Grenzbereich vorhersehbar sind und niemanden sofort überfordern.
Dabei macht so ein MX-5 schon viel richtig, außer dass das Heck eher immer etwas leicht ist, der Grenzbereich schmal und die Reaktionen ggf. sehr schnell. Das Serienfahrwerk entschärft das, ein härteres Fahrwerk verschärft das Verhalten.
Das Lastwechselverhalten, insbesondere Schublastwechsel, lege ich als Hersteller gezielt aus. Nach meiner Philosophie, sollte jedes Fahrzeug beim Back off, also vom Gas gehen, ein leicht eindrehendes Verhalten zeigen. Wenn ich zu schnell in die Kurve fahre und das Auto untersteuernd über die Vorderräder rutscht, dann ist ein vom Gas gehen eine natürlich Reaktion, die diese Situation entschärfen sollte, mit einem weichen und kontrollierbarem Eindrehen.
Dieses Verhalten stellt sich auch nahezu natürlich ein, da dabei die Vorderräder belastet (mehr Grip) und die Hinterräder entlastet werden (weniger Grip).
Als Hersteller kann ich über die Elastokinematik (und über die Schlupfregelsysteme) darauf Einfluss nehmen, ob dieser Lastwechsel langsam und weich, oder schnell und hart kommt.
Das nutzt man auch, um beim Pampers-Bomber weiche Reaktionen einzustellen und beim Sportwagen (MX-5 ) eher etwas stärkere Reaktionen.
Soweit ist das alles ein Verhalten, dass ich in nahezu jedem Auto wiederfinde, das normal und explizit gewollt ist.
Die Reaktionen sollten dabei immer vorhersehbar und kontrollierbar sein und den Fahrer nicht überraschen.
Und nun kommen wir zum schwierigen Teil, Sperren, TorqueVectoring, Schlupfregelsystemen etc. die passiv oder aktiv Einfluss auf das Verhalten beim Gas geben nehmen.
Mit diesen Systemen verlasse ich den intuitiven Part, bei dem sich das Fahrzeug rund, linear und natürlich anfühlt, denn all diese Systeme bewirken per se Nichtlinearitäten, puschen das Auto also in eine Richtung, die es passiv/natürlich nicht einnehmen würde.
In der Regel sind es eindrehende Effekte, die diese Systeme erzeugen, gleichzeitig verbessern sie natürlich die Traktion und erzeugen mehr Schlupf an der Antriebsachse.
Das praktische beim MX-5 ist, dass sich das dann doch gar nicht so unnatürlich anfühlt, da diese Effekte am Ende in die gleiche Richtung gehen, als wenn ich (zu) viel Traktion an die Hinterachse anlege. Auch dann wird das Auto eindrehen, da die Hinterachse schlupft und zum Kurvenausgang drückt.
Problematisch bleibt aber, dass so eine Sperre schon früher eingreift und das Auto damit zu einem Zeitpunkt eindreht, der nicht intuitiv ist und ggf. auch unerwartet kommt.
Mit elektronisch geregelten Systemen und technischen Kniffen kann ich das Glätten und deutlich harmonischer gestalten, mit rein passiven Systemen, wie im MX-5, stimme ich zwar die Mechanik ab, muss aber mit gewissen Nichtlinearitäten leben.
Diese Nichtlinearitäten und das Verhalten der Sperre muss der Fahrer für einen graden Strich und eine saubere Linie antizipieren, also lernen. Er muss sein Fahrtechnik aktiv darauf anpassen.
Dazu mal ein sehr plakatives Beispiel. Der aktuelle R-Golf hat aktives TorqueVectoring an der Hinterachse. D.h. er kann Moment frei auf das linke und rechte Hinterrad verteilen und das tut er über einen Fahrdynamikregler, der Fahrzustand und Fahrerwunsch auswertet und einregelt.
So einen R kann ich fahren wie jedes andere Auto auch und er fährt sich dann auch sehr linear und intuitiv.
Wenn ich das TorqueVectoring aber nutzen möchte, muss ich das Auto ganz anders fahren. Ich muss z.B. in Kurven deutlich früher aufs Gas gehen, denn dann dreht das TorqueVectoring das Auto ein und zieht es regelrecht durch die Kurve. Alles andere als intuitiv, am Grenzbereich mehr Gas zu geben, aber am Ende brutal schneller und auch sehr überraschend.
Ähnliches gilt auch für einen MX-5 mit Sperre. Entweder fahre ich den sehr sanft und mit wenig Gas und dann werde ich die Sperre kaum bemerken, oder ich passe meine Fahrstil an und fahre dann MIT der Sperre.
Noch einmal die drei Phasen, die ich beim MX-5 erlebe:
- Anbremsen und Einlenken => Lastwechsel, das Heck dreht leicht ein
- Last Anlegen => die Sperre legt sich an und bremst das Differential (koppelt die Antriebsachse), das Auto schiebt geradeaus
- Herausbeschleunigen => die Sperre greift, verschiebt Moment auf das kurvenäußere Rad, erzeugt Schlupf, das Heck dreht wieder ein.
Ihr seht, das gibt ein inkonsistentes Fahrverhalten, mit Eindrehen, Untersteuern, weiter Eindrehen und ich denke, dass ist das was hier beschrieben wurde und stört.
Fahrtechnisch kann ich das nur vermeiden, wenn ich die „Last Anlegen“ Phase minimiere. D.h. Anbremsen, das Auto lange sehr sanft ausbalancieren (balanced throttle) und dann konsequent soviel Gas geben, dass ich direkt wieder in den Bereich komme, dass das Auto beim herausbeschleunigen leicht eindreht.
Am Ende also alles banale Physik .