Muddy & Chippy on the road

  • Hier jetzt meine Erlebnis-Geschichte rund um das Thema KPC… 8)


    Manch einer erinnert sich noch an die lebhaften Diskussionen damals im Thread rund um die Änderungen zum MY22… wo ich mich schon etwas angelegt hatte mit ein paar Experten, die nach den ersten Infos von totalem Humbug redeten. Damals habe ich relativ viel darüber gelesen und war schon sehr gespannt, wie es sich denn fahren würde damit.

    Nachdem Chō (mein alter G132) wieder auf das Basis-Serienfahrwerk zurück gerüstet war, bin ich noch ein paar Mal mit ihm unterwegs gewesen. Unter anderem war ich auch beim Fahrsicherheitszentrum in meinem Wohnort vorbei gefahren und hatte dort angefragt, ob ich zwischendurch mal mit meinem neuen MX-5 ein paar Wedelkurven und Kreisbahnrunden fahren könnte zum Vergleich mit meinem bisherigen MX-5.

    Der Instruktor (Fahrlehrer und Ingenieur) war sehr wißbegierig rund um das Thema. Mein damaliger Anblick hat mehr oder weniger Mitleid verursacht. Das Wetter war gut und er hatte Zeit zum Quatschen. Kurzum: Nach ein paar Minuten saßen wir zusammen im MX-5 und sind etwas Kurven gefahren. Was mir da noch sehr schwer fiel, da ich noch eine eher geringe Rumpfstabilität hatte.

    Eigentlich war vereinbart, dass ich zwei Wochen später nochmal mit dem Neuen kommen wollte. Daraus wurde nix, da mir noch ein Krankenhausaufenthalt dazwischen kam und ich Muddy erst Ende Juni holen konnte.

    Dann bin ich nach der Einfahrphase und den ersten Eindrücken der vermeintlichen KPC-Regelung soweit gewesen, dass ich wieder zum Fahrsicherheitszentrum fuhr.


    Vorweg nochmal der Hinweis auf die Technical Review und die großen Unterschiede zwischen Fahrzeugen mit/ohne LSD. Grob gesagt ist der wichtigste Parameter für die Funktion des KPC die Differenz der Radgeschwindigkeiten an der Hinterachse. Der Hub des kurveninneren Hinterrads ist darüberhinaus auch noch von Geschwindigkeit, Querbeschleunigung und Lenkwinkeln abhängig. „Auslöser“ für den KPC-Bremsimpuls am Hinterrad bleibt aber immer die Raddrehzahl-Differenz.

    Ein LSD wird ja nun laufend auftretende Raddrehzahl-Differenzen minimieren. Je nach Heftigkeit kann die Sperrwirkung des LSD auch ein Giermoment erzeugen. Den Hub an der Hinterachse des ND kann es aber auch i.V.m. KPC nicht minimieren, da hier wieder Lenkwinkel, Geschwindigkeit und Querbeschleunigung beteiligt sind.

    Geringere Raddrehzahl-Differenzen beim LSD ergeben somit eine schwächere Applikation des KPC und haben daher einen geringeren Effekt auf den Hub. Der (dazu noch) schwerere G184 mit LSD und KPC wird also immer und überall mehr huben als der (dazu noch) leichtere G132 mit offenem Differential und KPC8)

    Das nur mal so zur Info für die Leser, die meine hier geposteten Erfahrungen nicht teilen oder nachvollziehen können mit ihren G184 mit KPC.


    Zurück zum Fahrtest… wir haben gemacht:

    Slalom fahren, Wechselkurvenfahrt à la „Elchtest“, Kreisbahnfahrt, Wedeln bei höherer Geschwindigkeit und statische Links- bzw. Rechtskurve mit unterschiedlich hoher Geschwindigkeit. Insgesamt sind wir ungefähr 1h gefahren, beide immer abwechselnd. Dazu noch immer im Vergleich ESP On/Off, da damit auch gleichzeitig KPC deaktiviert ist.

    Generell kann ich sagen, das KPC funktioniert. Der Effekt auf den Hub auf der HA innen und den Dive an der VA aussen ist spürbar, reproduzierbar und auch im Alltag erfahrbar. Meist ist der erzielte Effekt gewünscht und fahrdynamisch positiv. Manchmal wird der Effekt mit einem fahrdynamischen Nachteil erkauft, der mehr oder weniger nerven kann.


    Im Einzelnen:

    Beim Slalom merkt man es bei unterschiedlich hohen Geschwindigkeiten stärker. Wenn die Querbeschleunigung zunimmt über die inzwischen bekannten 0,3g, wird das KPC aktiviert. Je stärker dabei das Einlenken ist (ergo höhere Raddrehzahl-Unterschiede) desto stärker wird das KPC appliziert. Bei Geschwindigkeiten >60km/h konnten wir das schon stark spüren und im Vergleich von aussen konnte man das auch gut sehen bei ESP On/Off.

    Beim Elchtest-Manöver war das auch gut spürbar. Der Instruktor meinte aber, das bei den 2 Spurwechseln mit KPC mehr Unruhe in das Chassis gekommen wäre als ohne KPC. Ich hab das nicht so gesehen und das eher auf die Unterschiede durch die ESP-Regelung an der Bremse geschoben. Schwer zu sagen.

    Kreisbahn war lustig. Man kann damit quasi „stufenlos“ entlang der Applikationsschwelle und -intensität des KPC entlang fahren. Wenn man dann noch dabei immer mal schnell die linke Hand zum ESP-Knopf führt sogar mit manueller Aktivierung :P

    Spaß bei Seite: Erst ist wenig Seitenneigung, dann vertrautes Mehr an Neigung, dann wieder magisch weniger durch KPC. Aber das Ganze ist dann nur ein kurzer Impuls und danach ist wieder mehr Seitenneigung. Schwer zu erklären… wie sich das genau anfühlte.

    Beim Wedeln war es ähnlich. Erst passiert nichts bei höheren Geschwindigkeiten. Werde ich langsamer und erhöhe dafür den Lenkwinkel, nimmt die Seitenneigung dann ab. Fahre ich noch etwas langsamer nimmt sie dann wieder zu. Das ist dann in dieser künstlichen Situation nicht wirklich intuitiv, allerdings auch eher subtil


    Am imposantesten ist KPC, wenn ich eine 90°-Kurve mit kleinem/mittleren Radius und 60-100Km/h durchfahre… dann ist der Hinterachshub deutlich geringer und die VA lenkt stabiler ein mit weniger Eintauchen am kurvenäußeren Vorderrad. Schnelles Abbiegen also, dazu auch das typische in den Kreisverkehr hinein stechen und raus flitzen geht besser bzw. einfach mit weniger Seitenneigung. Ist auch beeindruckend, da man das ja ganz gut vergleichen kann in seinem Revier zuhause. Langsamer gefahren oder mit ESP Off ist das deutlich ausgeprägter.


    IMHO muss man sich bei der Bewertung des KPC vor Augen führen, dass detailversessene Ingenieure in Japan das Fahrverhalten ihres japanischen MX-5 verbessern wollten. Das bedeutet als Entwicklungsgrundlage halt G132, kein LSD und keinen HA-Stabi…

    … und wenn das Ergebnis gut ist und die „Export-MX-5“ mit Stabi und LSD immer noch gut damit fahren reicht das wohl aus. BTW hat der parallel zur KPC-Einführung auf den Markt gekommene 990S ja andere Dämpferraten verpasst bekommen als die Serie. Nicht härter sondern weicher - der Chefentwickler meinte dazu, das dies nun möglich wäre dank KPC. Höherer Komfort auf schlechten Straßen bei besserer Traktion und dazu nicht mehr Seitenneigung als vorher dank KPC :saint: Jaja, die Japaner…


    Ich bin etwas skeptisch wie sich das KPC so auf den typischen Serpentinen-Touren schlagen wird. Bei meiner ersten Eifelfahrt ging es schon ganz gut durch die Kehren, insbesondere an der VA war das stabiler und linearer. Wenn das Öhlins wieder drin ist und ich in der nächsten Saison wieder mit den Wunachrädern und -Einstellungen unterwegs bin, wird sich die Spreu vom Weizen trennen. Das spielerische, sich ohne LSD leicht „wischend“ mitlenkende Heck ist ja gerade das, was mir am G132 so gefällt. Das soll so bleiben und nicht durch die leichten Bremseingriffe eher so in die Richtung des „ruppigeren“ LSD-MX-5 tendieren.

    Heute habe ich eine 200km-Runde durch mein Revier mit einem Sim-Racing-Kumpel gemacht und es hier und da etwas „brennen“ lassen. Das war zu 95% positiv… sag ich mal so 8o


    So… jetzt muss also erstmal ein G132-Fahrer mit KPC und Serienfahrwerk um die Ecke kommen um mich zu widerlegen. Alle Anderen müssen solange den Mund halten und ich warte dann mal ab 8)


    Wer sich durch die letzten drei Posts gearbeitet hat, technisch fit ist und wie ich auf leichte Basis MX-5 à la 990S steht, versteht nun vielleicht meinen Ansatz, warum ich bei Muddy erstmal auf eine hintere Domstrebe verzichten und das Öhlins an der HA 1-2 Klicks weicher abstimmen werde ;)


    “There's a point at 7,000 RPM... where everything fades. The machine becomes weightless. Just disappears. And all that's left is a body moving through space and time. 7,000 RPM. That's where you meet it. You feel it coming. It creeps up on you, close in your ear. Asks you a question. The only question that matters. Who are you?“ Carroll Shelby

    Einmal editiert, zuletzt von Chipmonk77 ()

  • Nimm den Stabi hinten raus. Kannst ja erstmal nur trennen, mit Kabelbinder sichern und rumprobieren.

    Geht genau in Deine Richtung.

    Winterprojekt… :thumbup:


    “There's a point at 7,000 RPM... where everything fades. The machine becomes weightless. Just disappears. And all that's left is a body moving through space and time. 7,000 RPM. That's where you meet it. You feel it coming. It creeps up on you, close in your ear. Asks you a question. The only question that matters. Who are you?“ Carroll Shelby

  • Und mehr untersteuern …


    Ich freue mich aber, dass auch unsere japanischen Entwickler jetzt langsam die Segnungen der Regelsysteme wie radselektive Bremseingriffe und ESC Sport für sich entdecken.

    Immerhin sind solche Systeme in fast allen Fahrzeugen Standard ;) .

  • Fehlender Stabi hinten sorgt für mehr Traktion der HA => "sicherer" bei niedrigem μ. Ist ein klassischer Trick bei Rennfahrzeugen für Regen, einfach den hinteren Stabi aushängen.

    Ja, aber bei Feuchtigkeit geht er mit Seriensetup vorne weg.

    Trocken ist alles super, falls überhaupt, singt das kurvenäußere Vorderrad, dann noch ein bisschen Gas, MX dreht sich ein, leichtes Öffnen der Lenkung und noch mehr Gas ... herrlich. :)


    So sehr ich mich immer wundere, wie beim Übersteuern das Rückenmark direkt gegenlenkt, so sehr verzweifle ich an meiner Unfähigkeit, bei Untersteuern richtig zu reagieren. Da muss ich tatsächlich denken, das dauert.

  • Daran arbeiten. Untersteuern ist nichts, mit dem man als Fahrer nicht auch umgehen kann.

    Und prinzipiell - wenn er in der Kurve, insbesondere am Eingang untersteuert, dann ist vorher schon etwas schief gegangen und Kurveneingangsgeschwindigkeit und/oder Lenkstrategie waren nicht in Ordnung.