So, bevor es hier weiter geht mit meiner „Bewertung“ der Modifikationen „Post-ND2“… möchte ich noch etwas loswerden. Und das vor allem den Mitlesern dieser „Diskussion“ mit Sven widmen
Auf den ersten (und auch zweiten) Blick mag man hier die engagierte Argumentation eines etwas marketing-affinen MX-5 Fans sehen, der in seiner Nerdigkeit tief reingeht… und mit den „harten Wahrheiten“ eines erfahrenen Fahrwerks-Ingenieurs aus dem Automotive-Bereich konfrontiert wird, der das mit seiner Expertise widerlegt bzw. infrage stellt. Spannende Kombi zum Mitlesen… da lernt man bestimmt noch die ein oder andere Sache, oder kriegt noch mal irgendwo einen interessanten Hintergrund. Das Spielfeld ist klar verteilt und man hat dadurch schon einen gewissen Bias… wo die Reise in der Diskussion so hin gehen mag - und schlußendlich auch, welches „Team“ dem eigenen Kopf/Verstand da näher ist.
Ich möchte das ein bisschen auflösen, bevor wir „in medias res“ gehen. Sven und ich haben auch einen Bias. Er (Du…) hat den ingenieurs-technischen Bias seines Berufs. Mein berufsbedingter Bias ist wissenschaftlich und Daten getrieben. Klar, die Grenzen sind fliessend. Die eine Seite arbeitet natürlich auch mit Wissenschaft und Daten… und die andere Seite hat auch ihr „technical engineering“. Ändert aber nichts am Bias.
In meiner Profession haben wir kein Produkt, das wir in jedwede Richtung hin entwickeln können mit technischer Finesse. Wir haben Probleme, und suchen nach einer Lösung. Jedes Problem das wir angehen, verlangt nach einer anderen Lösung. Der Prozess bleibt bestenfalls ähnlich, der Weg ist immer ein Neuer.
Für die meisten Probleme gibt es schon Lösungen. Das ist das Gros der Medikamente, die man so kennt. Es gibt bekannte Substanzklassen. Man hat ein Verständnis für viele Wirkprinzipien und Mechanismen. Auch hat man so gewisse „Dogmen“ durch die vielen Jahrzehnte (oder Jahrhunderte) implementiert. Keine Wirkung ohne Nebenwirkung. Die Dosis macht die Wirkung. Sicherheit geht vor Effektivität. Effekt geht vor Verträglichkeit.
Ein wirksames Molekül zu haben, das irgendwie einen Effekt auslöst auf das vorliegende Problem. Das ist der Job. Da hilft bzw. half oft der Zufall in der Vergangenheit. Meist ist es ewiges rum probieren und suchen nach irgendeiner Reaktion. Und da dann weiter zu machen. Und immer an der Grundlagenforschung zu bleiben, die ständig Neues entdeckt.
Das „Handwerk“, was die Regale in den Apotheken so voll sein lässt… das ist ein ein Anderes. Das ist unser „Engineering“. Da werden bekannte Substanz(-klass)en immer weiter „verfeinert“. Wirksamkeit erhöht, Nebenwirkungen reduziert. Dosisintervalle verändert. Neue Applikationsformen entwickelt. Indikationen erweitert.
Das alles sehr gut „eingefahren“ und - tada - natürlich glänzt die deutsche Pharma-Entwicklung gerade in den Dingen. Wir haben die ausgeklügelsten „technischen“ Lösungen. Exzellente Qualität entlang der ganzen Wertschöpfungskette. Und ohne „die Deutschen“ funktioniert selbst die ganze weltweite Bio-Technologie bis heute nicht… der Gamechanger der letzten 30 Jahre.
Wir haben auch immer noch mit die besten Forscher der Welt. Die arbeiten aber zum großen Teil nicht mehr hier. Die arbeiten an neuen Dingen. Und dafür ist hier immer weniger Platz gewesen. Die Plätze hier sind besetzt mit den besten Leuten, die hier weiter die „Erfolgstreiber“ verfeinern und multiplizieren. Und ohne die geht weltweit auch nichts. Alle anderen mit ihren vielversprechenden Molekülen sind doch auch auf „uns hier“ angewiesen. Wir treiben den Fortschritt doch weiterhin an.
Sorry, ich schweife etwas ab… die Parallelen zwischen „Pillen und Auto“ sind aber auch zu erschreckend ähnlich, wenn man gerade mit der großen „Mobilitäts-Transformation“ konfrontiert wird
Geht das nicht auch anders? Ja geht. Die spannenden Neuerungen… die wurden einfach entdeckt. Meist aus Zufall. Oft aus purem Willen… nicht aufhören, bevor man findet, was man sucht. Manchmal aus der Beobachtung… fokussiere den Blick und nehme Dir mehr Zeit dafür.
Heute ist das auch ziemlich „daten-getrieben“. Wir generieren viel Daten, da wir darüber ja auch erst die Produkte verstehen, erklären, zulassen können. Alles, was wir sehen und zeigen können ist eine Wirkbeziehung zwischen Problem und Lösung. Die wir dann wissenschaftlich herleiten und erklären müssen. Der einfache Beweis, dass es ja funktioniert… der ist ja offensichtlich durch den erzielten Effekt. Das müssen wir eh zeigen - und auch gegen die bestehenden Lösungen einen Mehrwert darlegen. Sonst kommt das gar nicht auf den Markt.
Man stelle sich kurz vor, dass z.B. jeder neue „Hot Hatch“ nur auf den Markt kommt, wenn er irgendeinen „überzeugenden“ Benefit gegenüber der Konkurrenz bringt. Ist er nicht klar besser oder wenigstens vielseitiger oder sicherer… dann wird das nichts. Dann heißt es: Vielen Dank, ihr habt da zwar etwas interessantes/überzeugendes gebaut. Zum jetzigen Zeitpunkt reicht das aber noch nicht für uns. Kommt bitte wieder und gibt uns bessere Argumente/Daten.
Aufgrund dieser Umstände, verschwinden viele vielversprechenden Substanzen wieder in der Schublade bzw. erblicken nie das Licht der Welt. Das trifft nicht nur fertige Produkte. Das fängt meist viel früher an, wenn eigentlich wirksame Moleküle schon als nicht potent genug für die Zulassungsregularien gesehen und aussortiert werden. Oder vollkommen neue Transport-Systeme nicht mehr weiter entwickelt werden, da man den grundsätzlichen Mehrwert und die darin gebündelte Innovationskraft gegenüber den alten gar nicht darstellen kann in dem engen und nicht dafür ausgelegten „Prüfprotokoll“.
Ab und zu passieren trotzdem noch Wunder… wenn z.B. ein etwas durchgeknalltes Forscher-Ehepaar es sich zur Aufgabe macht, an ihrer Idee und ihrer Technik festzuhalten und einfach weiter zu machen. Und eine Pandemie um die Ecke kommt
Mein Job ist in den ersten 15 Jahren gewesen, sich um „hoffnungslosen“ Fälle zu kümmern. Nicht der üblichen „Norm“ gemäße Studien-Designs zu konzipieren, die die passenden Endpunkte für eine neue Argumentation liefern können. Menschen zu finden, die das durchführen können und wollen. Daten zu generieren, die wir zum Nachweis der Theorie und Argumentation brauchen. Daten aufzubereiten und ein verständliches Kompendium für sehr ausführliche Produktmonografien zu erstellen.
Mein erster „Fall“ war direkt ein Klopper, der hat aber einen nachhaltigen Effekt gehabt. Und die Parallelen sind mit der Hauptgrund, weshalb ich mich (seit inzwischen mehr als zweieinhalb Jahren) gerade in die Themen GVC/GVC+/KPC so verbissen habe. Und deswegen ihr jetzt einen schon sehr langen Text ohne jeden Bezug zum Thema MX-5 aushalten musstet… ab hier nur noch ein - wichtiges - bisschen länger