Ich habe damals Unterlagen über ein Molekül-Derivat von einem Amphetamin vorgelegt bekommen. Das hatte eine weniger ausgeprägte Rezeptor-Bindung. Anders als das altbekannte Suchtmittel, hatte dadurch es eine weniger aufputschende Wirkung und war verträglicher. In Europa ist die komplette Substanz-Klasse und jegliche Derivate als „Droge“ klassifiziert. Das fällt hier daher fast komplett aus der weiteren Erforschung, da man das eh nicht auf den Markt kriegt.
In den USA wurde aber damit geforscht und man fand eine Indikation, wo erstmals ein Amphetamin-Derivat eingesetzt werden konnte. Tatsächlich wurde daraus ein Medikament gegen Depression. Mit dem Wirkfokus auf Antriebssteigerung und nicht auf Stimmungsaufhellung, etc. So niedrig dosiert, dass es nicht abhängig macht und mit einer Transport-Technik, die MIßbrauch unterbindet.
Rund 10 Jahre hat es gedauert, bis die „Tablette“ auch hier gelandet war. Und sich trotz der jahrzehntelang genährten Vorurteile sogar irgendwann halbwegs gut verkaufte.
Man hatte hier eine kleine Lücke ausfüllen können, die immer so einen bisschen unbesetzt gewesen war. Die Lücke war aber klein, obwohl doch eigentlich viel mehr Depressive davon profitieren konnten. Wie in den USA.
Warum nicht hier? Hier haben die Ärzte alle „aussortiert“, die ein zu großes Suchtpotential haben. Rauchen, trinken, Süßes, „Sport-Junkie“… eine große Range. Es ist schon seit zu langer Zeit bewiesen, dass Amphetamine auch in geringen Dosen andere Süchte verstärken oder auslösen können. Die Datenlage dazu ist groß. Eine Zulassung allein ändert nicht die allgemeine Lehrmeinung. Das ändert sich nur über lange Erfahrungszeit und viele Daten.
Case closed… das Medikament ist durch. Bringt so immer noch beständig kleinen Profit und hat seine Entwicklungskosten eh schon im Sack.
Und das ach so innovative Unternehmen, bei dem ich gerade angefangen habe… das hat die ollen Entwicklungspatente und Verkaufslizenzen jetzt 15 Jahre später aufgekauft. Und das in der kleinsten Business-Unit abgestellt - wo ich jetzt bin. Ich sitze im ersten Strategie-Meeting meines Lebens und erwarte jetzt (wie der Rest), dass man mir bzw. uns jetzt sagt, wie wir das jetzt in unsere Produktpalette implementieren. Wie habe ich mich getäuscht…
„Wir haben hier einen großen „Gamble“ betrieben“… sagt man uns. Wir haben einen totgerittenen Gaul gekauft. Weil wir auf Leute gehört haben, die darin noch ein Rennpferd sehen. Wir das bisher aber nur in einer Disziplin haben laufen lassen, wo es gar nicht siegen kann. Die haben die Einzigartigkeit in dem Talent erkannt, und wir wollen diesem Rat folgen.
Dann wurde das Geheimnis um die zukünftige Aufgabe gelüftet. Es hatte sich über die lange Zeit auf dem Markt und die steigende Menge der behandelten Patienten ein Muster ergeben. Etwas, das in dem immer größeren Datenpool nur einigen ganz wenigen aufgefallen war… denen, die nicht immer nur nach den üblichen Mustern/Endpunkten geguckt hatten.
Die depressiven Patienten, die zusätzlich leichte Suchtproblematiken hatten, berichteten von Veränderungen im Suchtverhalten. Das Verlangen nach Alkohol war reduziert. Trinker hatten sich besser im Griff, Gelegenheitstrinker hörten oftmals auf. Bei Rauchern war das krasser, da war das Verlangen fast ausnahmslos weg und auch der „erzwungene“ Nikotin-Kick blieb auf einmal aus. Das war, wie wenn ein Schalter umgelegt wird.
Bei genauerem Studium der Daten hatten die Wenigen dann auch herausgefunden, dass dieses Muster nur bei dem kleinen Patientenklientel aufgefallen war, die eine sehr niedrige Dosis von ihrem „Depressions-Medikament“ bekamen.
Auf der Beamer-Leinwand wurde uns dann die Aufgabe präsentiert. Wir haben ein als Droge süchtig machendes Betäubungsmittel gekauft, das soweit gezähmt wurde, um als gutes Nischen-Medikament halbwegs etabliert zu sein. Man kratzt sich nicht gegenseitig den Rücken blutig zwischen der von uns versprochenen Wirkung und den in der Lehrmeinung zementierten Nebenwirkungen. Amphetamine bleiben anerkannt als aufputschend, süchtig machend, suchtverstärkend. Dieses hier putscht aber weniger auf und macht in der Form nicht süchtig. Alle sind zufrieden und in ihrer Komfortzone.
Und wir sollen jetzt einen Weg finden, um zu zeigen:
Hey, wenn unser Amphetamin-Derivat in so ganz geringer Dosierung eingenommen wird, dann „wirkt“ es gar nicht. Putscht eigentlich gar nicht auf. Macht auch geringere Nebenwirkungen. Und wisst ihr, was ganz „fancy“ ist? Das ist nicht nur NICHT suchtverstärkend… nee, das unterdrückt auch das Suchtverlangen.
Das ist so gut… dass wollen wir jetzt allen Rauchern geben können, die einen großen Leidensdruck haben wegen ihrem Suchtverhalten. Erst als 1-Tages-Tablette und irgendwann in naher Zukunft als 7-Tage Pflaster.
Ich habe das bis kurz nach der Zulassung begleitet und mich dann anderen Aufgaben gewidmet. Losgelassen hat mich das nie. Als ich damit anfing, waren schon 30 Jahre rum seit der ersten Synthese dieses ollen Amphetamin-Derivats. Knapp 20 Jahre, nach dem andere Leute, anderswo meinen Job gemacht haben, um das depressiven Patienten zugänglich zu machen. 15 Jahre, nachdem das erstmals als Anti-Depressivum das „Licht der Welt“ erblickt hatte.
In unseren Händen hat es dann 5 Jahre gedauert, um eine europäische Zulassung zu bekommen. Im gesamten anglo-amerikansichen Raum und weiten Teilen Europas ist das seit knapp 15 Jahren der absolute Standard in der Raucherentwöhung mit Medikamenten. In Deutschland hat es sich bis heute nicht durchgesetzt. Die Kassen bezahlen das nur in Einzelfällen, da medikamentöse Therapie-Verfahren bei Rauchern immer noch nicht anerkannt sind. Die geprüfte, zugelassene und bewiesene erste große Innovation seit Jahrzehnten in der Suchtbekämpfung wird von Denen abgelehnt, die in ihrer Lehrmeinung zu erschüttert sind um ihre eigenen Leitlinien dahingehend zu korrigieren.
Yada, yada, yada… und jetzt kommt mir gerade auch noch meine geliebte Marke Mazda um die Ecke. Hat sich einer schon länger bekannten Technik bedient… und dann bei der Auswahl nicht mal in das Regal gegriffen, wo die am weitesten entwickelten „Latest-Gen“-Produkte liegen. Die alten Sparfüchse…
Wie? Brauchen die nicht? Ok, reicht denen das also. Weil das uns Kunden reichen soll? Wir brauchen kein High-End? Hmmm… eigentlich stehe ich aber schon auf High-End. Und auf Mazda. Schade. Dann können die es auch gleich lassen. Lieber keine Neuerung, als was Schlechtes. Die bringen das aber trotzdem. Hast ja keine Wahl. Ja, die müssen ja auch immer und regelmäßig was Neues bringen. Ist in meinem Job ja auch so. Und wenn sich das etwas weniger ausgefeilte immer noch gut verkaufen lässt… so ist das halt mit der „Verbesserung“.
What?… jetzt sagen die aber doch was anderes, wo ich jetzt mal genau lese. Die nehmen zwar diese Technik und davon nicht mal das Beste. Aber nutzen die für was ganz anderes. Und das ist soviel anders, dass die Leute von Mazda sich gar nicht scheren um die ganzen Technik-Diskussionen mit all ihren Vor-/Nachteilen und Evolutionen
Und deshalb geben sie dem ganzen auch noch einen Namen, der ganz bewußt vermeiden soll, dass die Leute ihn direkt mit der darunter liegenden Technik assoziieren. Die G-Vectoring Control bzw. GVC+ ist da… tusch.
Torque-Vectoring, bääh… gegen den Ausdruck haben die wohl was. Soll den Sinn des Unterfangens untergraben, wenn man das so nennen würde. Aha… naja, egal. Ich habe ja einen Hecktriebler. Mich betrifft das ja eh nicht
Will aber trotzdem wissen, was die so genau machen. Das hat mein Interesse geweckt. Die geben sich doch auch sonst nicht mit so „billigen“ Lösungen ab. Dann lassen die das doch lieber eher und bleiben beim Bewährten. So kenne ich Mazda eigentlich.
Ach, ich bin doch seit kurzem selbst im Mazda-Forum meines MX-5. Und da hatten die doch dieses „Technical Review“ in der DIRVE. War alles größtenteils auf japanisch aber mit viel Infos zum MX-5. Und hat mir direkt gefallen, dass es sowas gibt hier. Das ist auf dem Niveau eines ordentlichen Kompendiums… da, wo ich mich zuhause fühle. Vielleicht gucke ich mal, ob ich da andere Ausgaben finde, die mir erklären was das GVC/+ denn jetzt genau macht.
Und ich würde fündig und war zufrieden. Anderweitig hat es mich nicht weiter tangiert… mal ganz abgesehen davon, dass ich ja mit meinem neuen (ersten) MX-5 genug zu entdecken, erfahren, genießen hatte.
Naja, und in 2019 gab es ja außerdem auch viel wichtigere Dinge von Mazda, denen ich von da an naturgemäß alle Aufmerksamkeit gewidmet hatte. Das große ND2-Update.