Lastwechselverhalten beim Beschleunigen

  • Dann entnehme ich deinem Beitrag heraus, dass genau dieser Moment gemeint wurde Svanniversary.


    Damit man die Hinterachse leicht zum Ausbrechen bekommt, ohne dass es vorher kurzzeitig über die Vorderachse schiebt müsste man es vermutlich ruckartiger destabilisieren?

    Sei es durch ein zum Gasgeben begleitendes Zucken im Lenkrad oder indem man einen kurzen, aber stärken Gasstoß macht.


    Wenn man in der Kurvenfahrt bei gleichbleibender Lenkung kurz vorm Grenzbereich befindet, dann reicht aber auch ein Erhöhen der Betätigung des Gaspedals, um die Hinterachse in einen Bereich des Gleitschlupfs zu bringen, weil genügend Querkräfte wirken, dass auf den kurveninneren Rädern deutlich weniger Gewicht wirkt?

  • Erstmal musst Du das Auto über die Vorderachse führen. Wenn die Führung da weg ist, dann kannst Du ihn weder kontrollieren, noch sinnvoll stellen.

    Also wichtigster Punkt 1 - Vorderachsen nicht überfahren.

    Ich würde die Kurve dann eher weit und und zum Ausgang weiter innen anfahren und wenn sie aufmacht gezielt Last anlegen. Dabei wird erst einmal leichtes Untersteuern auftreten und wenn ich dann weiter Gas gebe, komme ich hinten in den Schlupf, das Auto wird neutraler und lässt sich dann ohne Untersteuern, mit minimalem Slide hinten aus der Kurve beschleunigen.

    Gerade bei Spitzkehren gilt, langsam rein, schnell raus und am Ende der Kurve muss ich das Auto richtig positioniert haben. Untersteuernd an der Mittellinie ist nicht die richtige Position, gerade im öffentlichen Straßenverkehr ;) .

    Du kannst auch immer versuchen durch Lenkimpulse und ruckartiges Einlenken, dass Heck zu mobilisieren, aber das führt dann zu Impulsen und ist für mich eher dann angebracht, wenn es zu spät ist und es ums Retten geht.

  • Ja ok, dann ist es prinzipiell gar nicht so falsch, dass bei dem kurz vorm Scheitelpunkt aufs Gas gehen zunächst über die Vorderräder geschoben wurde und erst einen Moment später das Heck mit einlenkt.

    Die konkrete Linienführung und das primäre Ziel ist nochmal ein Thema für sich.
    Da warte ich mal auf den nächsten Talk.

  • Das Du kurz ins Untersteuern kommst ist normal, weil Du ja beim Beschleunigen Radlast nach hinten verlagerst. Da fährst Du dann kurz durch.

    Man muss nur vermeiden, dass man im Eingang oder Kurvenverlauf das Auto überfährt und dann sozusagen im Untersteuern hängt. Dann schiebst Du das Auto mit Gas ggf. nur weiter gerade heraus und bekommst es nicht neutral gestellt.

  • Wie bekommt man einen ND ins Untersteuern? Das habe ich genau 1 x in knapp 10 Jahren geschafft, als ich viel zu schnell in eine Kurve reinbremsen musste. Die VA ist nun wirklich ultra stabil. Zitat: "Ich würde die Kurve dann eher weit und und zum Ausgang weiter innen anfahren und wenn sie aufmacht gezielt Last anlegen." Das ist der Weg zur flotten und sicheren Linie, man fährt einen weiteren Radius und macht die Kurve mehr "zur Geraden" (übertrieben gesagt). Andersrum macht man die Kurve auch mehr zur Geraden, landet aber dann u.U. im Gegenverkehr :S

    • VW Golf 7 GTI Clubsport, APR Catback-Aupuffanlage, do88 Turbo-Inlet, APR Open PEX Air Intake, NGM Stage 1+, APR Zündspulen, High End Audio.
    • Caterham Super Seven SV mit Vollausstattung, Einzeldrosseln und BBS-Felgen.
    • KTM Duke 890 GP + HD 1200 Sportster XL Custom + Honda CJ 250 T.
  • Wie bekommt man einen ND ins Untersteuern?

    Harte Vorderachse, oder (mein Favorit) zu schnelles Einlenken.

    Ich bin bei Untersteuern immer total hilflos, während ein bewegliches Heck von meinem Rückenmark als Autopilot eingefangen wird und ich mich schon häufiger fragen musste, wie ich das denn gemacht habe.

  • Oder zu langsames Einlenken, ohne Gewichtstransfer ;) .

    Fahrtechnik ist alles ;) .


    Die Kurve im Video zieht zu. Da sind alle überrascht, dass sie noch nachlenken müssen und lenken dann tatsächlich zu schnell und nehmen das Auto nicht sauber auf.

    Die etwas agiler eingestellten Autos drücken dann zusätzlich noch ein wenig von hinten.

  • My 2 Cents ...


    Da ich vom Autofahren nichts verstehe und nur langsam vor mich hintrödeln kann, aber ein bisschen was vom Motorradfahren, würde ich gerne mal das Thema "Linie" vom Thema "Dynamik/Lastwechselverhalten" trennen. Ohne eine vernünftige Linie geht nämlich gar nichts, egal ob Einspurmodell oder nicht. Ich habe den Eindruck, dass das Video zwar mit Lastwechselreaktionen zu tun hat, aber das primäre Problem suboptimale Linienwahl ist und daraus resultierende überflüssige und schädliche Lastwechsel.


    Mir scheint, dass im Video irgendwie niemand eine "vernünftige" Linie fährt. Hier mal eine 180°-Rechtskurve mit gleichmäßigem Radius. Der Scheitelpunkt ist rot dargestellt. Links eine Ideallinie, die den Scheitelpunkt in der Kurvenmitte wählt, also am Kurveneingang derselbe Abstand zum Fahrbahnrand wie am Kurvenausgang. Rechts die Ideallinie mit demselben Radius, aber leicht hinterschnitten, also Scheitelpunkt weiter hinten Im Kurvenverlauf. Der Abstand zum rechten Fahrbahnrand am Kurveneingang ist größer als am Kurvenausgang. Diese hinterschnittene Linie kann man mit identischer Geschwindigkeit fahren wie die erste Linie (sofern man sieht, dass am Kurveneingang nicht ein Spinner auf der eigenen Fahrbahnseite ist, weil er die Kurve schneidet).


    video_001.jpg


    Nun scheint die Kurve im Video aber keinen gleichmäßigen Radius zu haben, sondern macht offenbar in Richtung Ausgang zu. Das sähe also ungefähr folgermaßen aus (wieder links nicht hinterschnitten, rechts doch).


    video_002.jpg


    Nun ist ja die Ideallinie unter anderem dazu da, dass man am Scheitelpunkt möglichst weit am kurveninneren Fahrbahnrand ist. Hier scheint sich das aber eher so darzustellen:


    video_003.jpg


    Das Auto scheint am Scheitelpunkt ziemlich weit weg vom Fahrbahnrand zu sein (roter Doppelpfeil) und in Richtung Gegenfahrbahn zu untersteuern. Das macht langsam und ist sinnloses Bewegen im Grenzbereich. Mit einer vernünftigen Linie könnte man an dieser Stelle eigentlich schon wieder beschleunigen, und zwar in die richtige Richtung. Vielleicht irgendwie so:


    video_004.jpg


    Ich würde mal mit Linie anfangen (und dazu Blickführung; irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, da guckt der eine oder andere genau dahin, wo er nicht hinfahren möchte - gar nicht mal so gut).


    Das mit den Lastwechselreaktionen wird dann so richtig komplex. Wie der eine oder andere vielleicht weiß, habe ich Instruktion auf dem Motorrad auf dem Track getauscht gegen Instruktion auf dem MX-5 auf der Straße mit Jean-Michel, einem Kumpel, der in Frankreich in diversen Renn- und Driftserien gefahren ist. Wir haben uns gegenseitig beigebracht, dass Lastwechsel, die aus Stress, Überraschung oder Panik resultieren, kontraproduktiv sind. Jemand, der es beherrscht, passt mit Geschick zwischen den erforderlichen Lastwechseln die zahlreichen Kraftvektoren sinnvoll an. Nicht erforderliche Lastwechsel oder Lastwechel in nicht erforderlichem Umfang provoziert der nicht, ebenso wenig wie falsch gerichtete Kraftvektoren.


    Ich habe versucht, das, was ich vom Motorradfahren kenne und was ich dort einigermaßen beherrsche, in dem Umfang auf das Auto zu übertragen, wie das möglich und sinnvoll ist. Aber zwischen Kennen und Können liegt Üben, Üben, Üben. Und da gilt das, was Svanniversary schon gesagt hat: nach 3 bis 6 Monaten kann man im professionellen Umfeld so langsam etwas mit dem Auto anfangen. Ein "guter" Autofahrer im Sinne von "wirklich schnell" oder "wettbewerbsfähig" werde ich also nicht mehr werden, wie ich mir in Demut eingestehe.


    Aber nicht nur in Demut, sondern auch aus Selbstschutz und Schutz der "Mitverkehrenden". Ich wurde schon von einer motorisierten Kackpratze vom Motorrad geschossen - der kam auf die Gegenfahrbahn. Ich habe mir also zum Ziel gesetzt, nicht möglichst schnell zu fahren, sondern möglichst schön, also saubere Linie. Wenn man das konsequent macht, dann wird man durchaus auch ein wenig schneller. Und Spaß macht es auch. Und wenn es noch besser werden soll, dann weitere Trainings mit Jean-Michel. Und die Fahrkünste von Jean-Michel, an denen erfreue ich mich ohne Neid - ich werde das aber zumindest in diesem Leben nicht mehr hinbekommen. Und im nächsten auch nicht, wenn ich als Karotte wiedergeboren werden sollte ...


    Übrigens: Hinterherfahren und "denken", das kann ich auch, geht meistens nicht lange gut. Vor allem dann, wenn derjenige, der vorausfährt, es auch nicht kann.


    Und noch einmal Übrigens: Wer vor dem Scheitelpunkt schon Gas anlegen kann, der war vorher nicht schnell genug.


    Allen einen schönen Tag und nichts für ungut (ich glaube, ich habe das alles nur geschrieben, weil ich die Message loswerden möchte: "lasst den Schxxx im öffentlichen Verkehr", es ist nämlich Schxxx, auch wenn manche es nicht wahrhaben wollen)

    Roadster SKYACTIV-G 184 Kazari, Deep Crystal Blue, 2023, (noch) ohne jegliche Umbauten

  • 179 die in diesem Fall gefahrene Linie war Folgende:

    pasted-from-clipboard.png

    Die Kurve um die es dort geht ist Folgende: https://maps.app.goo.gl/2h5934XAhmL7fFFm8

    Man kann sie mit Street View recht gut anschauen.

    Und noch einmal Übrigens: Wer vor dem Scheitelpunkt schon Gas anlegen kann, der war vorher nicht schnell genug.

    Sofern dass Ziel ist möglichst schnell durchzukommen, ja.

    Wenn es eine Kurve ist, wo idR. sehr viel los ist und viele Idioten Unsinn veranstalten und die Kurve schneiden, nein.

    Dann fährt man lieber langsamer als notwendig rein, um falls die 3 Monde in einer Linie stehen und es weit und breit frei ist, einen Gastoß geben zu können und das Heck ein bisschen kommen zu lassen.



    Möchte man nun eine Analyse durchführen, so sieht man dass die Kurve so weit wie möglich angefahren wurde, ohne in den Gegenverkehr zu fahren:

    Unbenannt.jpg


    Hier sieht man einen Herren der schaut was er vor sich hat, um zu entscheiden, ob er auf der Innenseite der Kurve durchrollen soll, eine Vollbremsung durchführen muss oder ganz dezent die Sau rauslassen kann.

    Er entscheidet sich an dieser Stelle dafür auf den Pinsel zu treten und bis sein KFZ das nötige Drehmoment aufgebaut hat, um auf der hinteren Achse Schlupf zu erzeugen, wird etwas über die vorderen Räder Richtung Fahrbahnmitte geschoben.

    Unbenannt.jpg


    Etwa ab dieser Stelle befindet sich die Hinterachse in einem Teilschlupfbereich und lenkt ein bisschen mit.

    Unbenannt.jpg


    Und hier sieht man wie das Auto gerade und genau bis zur Markierung an der Ausfahrt positioniert wird. (Also theoretisch der größtmögliche Kurvenradius, ohne auf die Gegenfahrbahn zu kommen)

    Unbenannt.jpg



    Und ja es gäbe eine andere Linie mit der man schneller wäre. (Für 10 Sekunden bis man vom Vorausfahrenden ausgebremst gewesen wäre)

    Man hätte auch schneller in Kurve reinfahren können.

    Aber an der Stelle ist es besser vorsichtig zu sein und letztendlich wurde das Auto im Rahmen der Straßenverkehrsordnung zu dem Zweck genutzt, weswegen ihn viele Lieben.

    Um Spaß zu haben!