Leichtes über / untersteuern

  • Salü an Alle,
    hier noch so ein kleines Thema eines MX-5 Novizen.
    Kein lametieren, die Karre liegt recht gut auf der Strasse.
    Mir ist aber aufgefallen das in recht gemütlich gefahrene Kurven beim gaswegnehmen das Fahrzeug eine leichte eigendynamik zeigt.
    Als wenn er ein wenig in die Kurve eindrehen will. Im Gegensatz habe ich das Gefühl das er beim leichten Gasgeben ein wenig Richtung Kurven äusseres will.
    Ist das einfach die Wirkung des Sperrdiff's?
    Ich hatte noch kein Auto damit.
    Der Wagen hat erst 16.000KM und die ersten Reifen. Ausgeschlagene Buchsen sollten noch kein Thema sein.
    Ach ja, ist 2.0 Sportsline.
    Der hat ja ein Sperrdiff.
    Danke für eine Aufklärung. :saint:

    Geniesse das Leben jeden Tag.
    Man hat nur das eine. :thumbsup:

  • Moin, noch bevor ich den MX hatte wurd ich so vorgeprägt : bei 3:20

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    Wobei ich aber eher ganz normal fahre. Im freien Kreisel mit dem Gas im kleinen Gang spielen hilft aber das zu fühlen, wo gerade schon etwas gerutscht wird.


    Grüsse

  • Nicht verzagen, @Svanniversary fragen. Vermutlich rät er dir, das Fahrwerk einstellen zu lassen, und erklärt obendrein geduldig, was beim Gas wegnehmen und Gas geben in Kurven im allgemeinen passiert :P

    Grüße vom Bodensee


    Life is too short to drive boring cars ?
    G184 SL & SP all inclusive, dezente Spurverbreiterung hinten, vernünftige Hupe

  • Hm, ich war bisher einfach davon ausgegangen, dass es an der 50:50 Gewichtsverteilung des MX-5 liegt. Konnte das Phänomen also auch beobachten und hielt es für ganz normal bei einem so leichten Auto mit dem Serienfahrwerk.


    Wenn ich Gas wegnehme oder bremse kommt mehr Last auf die Vorderachse, die Hinterachse wird leicht und überträgt nicht mehr so viel Querkraft. Das hängt bei den Reifen schließlich unterproportional von der Normalkraft ab.
    Ergo: Das Fahrzeug tendiert zum Eindrehen bzw. Übersteuern. Beim Gasgeben (Last eher Richtung Hinterachse) dann genau andersrum.


    @Svanniversary kann das aber bestimmt noch besser erklären. Wenn es nur an der Einstellung des Serienfahrwerks liegt, lasse ich doch Mal vermessen und nachjustieren. Höhere Stabilität beim Lastwechsel führt schließlich zu mehr Sicherheit.

    MX-5 ND G184 (08|2018) Signature Line, magmarot
    gr. Wischwasserbehälter; FOX ESD schw.; Trunkcover (Eigenbau); Batterietragegriff (Eigenbau); AAD Low Profile Seat Mounts; H&R Spurplatten (2x9mm bzw. 2x9mm+2x15mm); Lenkrad: meinlenkrad.de; Radhausflaps schw.gl. foliert; Sommer: BBS CS012 7,5x17 ET38, Winter: Schw. OEM; Zymexx dunkle LED-Blinker; mx5things Fensterautomatik+ACC-Power-Controller+Trunk-Lid-Popper+DLR+Silhouette+TrunkLight; ATH Frontflaps+Heckschürze; OEM Seitenschweller; Stubby; AA+CP

  • Ist bei mir auch so. Spur einstellen hat daran nichts geändert. Mit der Sperre hat das bestimmt nichts zu tun. Wenn man leicht am Gas bleibt, rollt er wie auf Schienen. Leicht vom Gas zieht er leicht nach innen, leicht aufs Gas leicht nach aussen. Es sind also keine großen Lastwechsel vorhanden, trotzdem spürbar. Ich tippe auf den kurzen Radstand+Heckantrieb.

  • Passt so gut wie alles, was bisher geschrieben wurde ;) .


    Grundsätzlich passiert ja beim Lastwechsel folgendes:
    - Tip out (vom Gas gehen): Gewichtsverlagerung auf die Vorderachse, d.h. mehr Grip an der Vorderachse, weniger Grip an der Hinterachse. Gleichzeitig weniger Schlupf an der Vorderachse und mehr an der Hinterachse. Dabei wird Übersteuern begünstigt.
    - Tip in (Gas geben): Gewichtsverlagerung auf die Hinterachse mit genau gegenteiligen Effekten. Dabei wird Untersteuern begünstig.


    Die Lastwechselreaktion wird begünstigt, also deutlicher, durch die folgenden Faktoren:
    - 50:50 Gewichtsverteilung
    - Heckantrieb (höherer Schlupf an der Hinterachse durch das Schleppmoment beim Tip out)
    - Differentialsperre (beim Gas geben ergibt sich ein Sperrgrat, der die Hinterräder verspannt, was auch untersteuern begünstigt)
    - kurzer Radstand
    - weiche Fahrwerke (dynamische Spur- und Sturzänderungen durch das Wanken des Autos)


    Was Du dabei erlebst ist noch kein richtiges Rutschen des Autos, aber durchaus eine Mischung aus veränderten Schlupfverhältnissen an Vorder- und Hinterachse und einer deutlichen Fahrwerksreaktion durch viel Karosseriebewegung. Das bewirkt dann leichte Abweichungen in der Steuertendenz, die sich genau wie beschrieben mit leichtem eindrehen bzw. ausdrehen äußern.


    Steifere Fahrwerke reduzieren den Effekt, sorgen aber auch dafür, dass das Auto recht unvermittelt ins rutschen kommen kann. Eine gute Fahrwerkeinstellung kann die Effekte auch etwas minimieren, aber nicht vermeiden.


    Wenn man solche Lastwechsel auslöst, wenn das Auto schon im Grenzbereich ist, führen sie dann auch tatsächlich dazu, dass eine Achse abreißt und das Auto ins Über-, oder Untersteuern kommt. Der trainierte Fahrer lernt so mit Gas und Bremse umzugehen, dass er diese Lastwechsel sehr gezielt einsetzen kann und das Auto damit in den gewünschten Fahrzustand versetzt wird. So kann man untersteuern z.B. mit einem gezielten Tip out reduzieren, oder sogar vermeiden, genauso wie man mit leichtem anlegen des Gas auch übersteuern reduzieren kann. Dabei muss man sehr behutsam mit Gas und Bremse umgehen und sie sehr gut dosieren.


    Nehmen wir mal das Beispiel eines übersteuernden Autos. Durch leichtes Gas anlegen kann ich Gewicht auf die Hinterachse verlagern, so dass diese mehr Grip bekommt und weniger übersteuert. Wenn ich allerdings zu viel Gas gebe, drehen die Hinterräder durch und ich ende erst recht im Dreher.
    Genauso kann ich Untersteuern durch einen Tip out, oder leichtes Anlegen der Bremse reduzieren. Fällt der Tip out allerdings zu kräftig aus, endet es wieder im Dreher und wenn ich zu stark bremse überfordere ich die Haftung der Vorderräder, so dass das Untersteuern sogar stärker wird. Da muss man wirklich viel im geeigneten Rahmen üben (z.B. Fahrsicherheitstrainings), um damit gezielt zu arbeiten.


    Nicht verschweigen möchte ich noch eine andere Art von Lastwechsel, nämlich den in Querrichtung, den ich mit der Lenkung steuern kann. Je nach Geschwindigkeit des Einlenkens kann ich es gezielt steuern, ob das Auto eher über-, oder untersteuert. Je langsamer ich lenke, desto mehr untersteuert das Auto, weil ich es quasistatisch, also ohne viel Dynamik auf die Kreisbahn steuere. Je schneller ich lenke, umso mehr Dynamik kommt ins Auto und umso mehr wird es übersteuern.
    In der Reifenerprobung bin ich damals immer ein Manöver gefahren, bei dem ich bis 180 km/h das Auto mit dynamischen Lenkmanövern (als Spurwechsel) aufgeschaukelt habe, bis die Hinterachse abgerissen ist, um es dann abzufangen und zu ermitteln, wie gut der Reifen das Auto stabilisiert und wie gut er mit der Situation klar kommt.


    Weil es vielleicht hier ganz gut passt, schreibe ich gleich nochmal die besten Strategien dazu, wie man mit Über- und Untersteuern umgehen kann.


    Übersteuern:
    - Gas möglichst konstant halten und ganz fein dosieren,
    - Lenkung sehr schnell und natürlich möglichst passend aufmachen,
    - in das Auto hinein fühlen, wann es „einschnappt“, also wann der Reifen wieder stabilisiert, denn dabei wird das Auto einen Impuls in die andere Richtung bekommen, den ich wieder ausgleichen muss, in dem ich die Lenkung wieder leicht zurückdrehe.
    Wichtig ist, dass ich auf jeden Fall die Lenkung aufmache, weil ich damit auch dem ESC zeige, dass ich woanders hinmöchte und dieses mir dann noch helfen kann.


    Leichtes Untersteuern:
    - ganz vorsichtig das Gas lupfen, oder etwas mehr Bremsen, falls man dabei gerade auf der Bremse ist,
    - Lenkung feinfühlig etwas öffnen, um Schräglauf vom Reifen zu nehmen, damit er wieder greift,
    - ggf. ruckartig, als Sägezahn, die Lenkung etwas auf- und wieder zumachen, um Lastwechsel einzuleiten, die das Auto in die richtige Richtung bringen.


    Starkes Untersteuern, bzw. Manöver, wenn die o.g. Strategien nicht helfen:
    - Lenkung sofort gerade stellen,
    - Bremsschlag,
    - Bremse langsam öffnen,
    - Kurve wieder aufnehmen,
    - falls das Auto immer noch untersteuert, solange wiederholen, bis das Auto sich stabilisiert.
    Wenn ich viel zu schnell bin, dann sollte die Bremse so lange wie möglich zu gelassen werden, ggf. unterlässt man dann die Stabilisierungsversuche und rettet sich in die Notbremsung


    Noch ein Hinweis zum ESC. Das System an sich weiß nicht, wo die Straße ist. D.h. Ihr müsst dem System sagen, wohin es gehen soll und das tut Ihr mit der Lenkung. Der Regler wird dann versuchen, das Auto so einzuregeln, dass es in Richtung der Lenkung fährt.
    D.h., wenn Ihr nur noch Passagier seid, dann kann es auch eine Strategie sein, einfach nur zu versuchen, dass Lenkrad in die richtige Richtung zu drehen, damit das ESC Euch rettet.
    D.h. beim Übersteuern muss ich die Lenkung aufmachen. Beim Untersteuern kann ich versuchen weiter einzulenken. Das ist aber definitiv die letzte Strategie, die ich anwenden sollte. Durch das weiter Einlenken wird die Vorderachse noch weniger Grip aufbauen, aber ich provoziere ggf. einen ESC Eingriff, der das Auto in die richtige Richtung bewegt.


    P.S.: Uih, da ist es ja wieder etwas mit mir durchgegangen ;) . Sorry für den vielen Text.

  • Salü Sven,
    geile Einführung in die Welt der Fahrdynamik! :thumbsup::thumbsup::thumbsup:
    Das mit dem Übersteuern werde ich bei Gelegenheit mal austesten.
    Auf einem Platz mit "Auslauf" :saint:
    Da ich dieses "Phänomen bereits bei den zwei Testfahrten bemerkt hatte, es ist übrigens wirklich nur
    minimal zu spüren, gehe ich vom Sperrdiff aus.
    Den Effekt hast Du auch beim Kartfahren in einer Halle mit Asphaltbahn.
    Beim Kart ist die Achse ja immer 100% "gesperrt".
    Danke für Deine tolle Ausführung. :thumbup::D
    Gruss Heiko

    Geniesse das Leben jeden Tag.
    Man hat nur das eine. :thumbsup:

  • Ist bei mir auch so. Spur einstellen hat daran nichts geändert. Mit der Sperre hat das bestimmt nichts zu tun. Wenn man leicht am Gas bleibt, rollt er wie auf Schienen. Leicht vom Gas zieht er leicht nach innen, leicht aufs Gas leicht nach aussen. Es sind also keine großen Lastwechsel vorhanden, trotzdem spürbar. Ich tippe auf den kurzen Radstand+Heckantrieb.

    Ist bei mir genau so und gut von dir beschrieben.
    Trotz 2 maligem Vermessen und sehr guter Einstellung.
    Kennt @SPSNico dieses Phänomen auch und was macht ihr dagegen?
    Gruß Olli

    G160 SL Rubin Rot, Eibach Pro-Kit, Zymexx/Foxx Lemming Auspuff mit Heckblende von ATH, Zymexx Lenkrad


    Beschleunigung ist wenn die Tränen der Ergriffenheit waagerecht zum Ohr hin abfließen.

  • Kennt @SPSNico dieses Phänomen auch und was macht ihr dagegen?

    Damit leben, oder ein steiferes Fahrwerk einbauen.
    Ein sensibler Umgang mit Gas und Bremse, den man sich sowieso angewöhnen sollte, verschleift das Ganze und macht es harmonischer.
    Das Auto ist leicht und agil. Das Auto arbeitet mit und da muss man zu einem Teil mit leben und lernen es vorher zu sehen und zu nutzen.